Eine kleine Anekdote aus der Herrschaftszeit des Kaisers Karl V. (1500-1558) verdeutlicht die feinen Regeln im Spiel der Macht. Es geht um Treue, Verrat und die subtile Rache an den dem Herrscher gegenüber Illoyalen.
Kaiser Karl V. ist während seiner Regierungszeit der mächtigste Herrscher Europas. Doch im Zuge der religiösen Spannungen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts verbündeten sich 1531 mehrere deutsche protestantische Fürsten und Städte gegen ihn. Die Armee des Schmalkaldischen Bunds unterliegt allerdings 1547 in der Schlacht bei Mühlberg den kaiserlichen Truppen. Maria von Ungarn (1505-1558), die Schwester des Kaisers, gibt daraufhin bei Tizian mehrere Gemälde in Auftrag, auf denen die Besiegten gedemütigt werden sollen.
Tizian, in dessen Werk die politische Allegorie zu diesem Zeitpunkt noch keine Rolle gespielt hat, wird zwei der untreuen Reichsfürsten als Figuren der griechischen Mythologie darstellen, die für ihren Verrat an den Göttern in die Unterwelt verbannt wurden, wo sie für immer dieselben furchtbaren Qualen erleiden müssen. Zum einen der mit einem schweren Felsen beladene Sisyphos, zum anderen Tityos, der auf Ewig von zwei Geiern gepeinigt wird, die sein Herz und seine Leber fressen.
Diese öffentliche Brandmarkung funktioniert bestens als Propaganda im Kampf um die Deutungshoheit über den Konflikt. Während sich Karl V. als glorreicher Sieger inszenieren kann – im Moment des Triumphes ebenfalls von Tizian porträtiert – kann er seine Feinde als Verräter darstellen, die ihre Untreue büßen und ihre gerechte Strafe noch bekommen werden.
Die Ausstellung The “Furias”. From Titian to Ribera im Museo del Prado in Madrid zeigt vom 21. Januar bis zum 4. Mai 2014 eine Auswahl an großen Künstlern wie Peter Paul Rubens und Michelangelo Buonarroti, die sich diesem Thema aus der griechischen Mythologie auf unterschiedliche Weise gewidmet haben.
Für alle am Thema Interessierten bietet sich außerdem das im Verlag Parkstone-International erschienene Buch Rubens von Jp. A. Calosse an.
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